“Die Zürcher Bibel“
Am Mittwoch, dem 6. November 2019 hielt Prof. Dr. Siegfried Kreuzer vor einem kleinen aber interessierten Publikum einen Vortrag über die Zürcher Bibel. |
Die Besucher kamen aus allen drei reformierten Gemeinden in Wien und aus der kath. Gemeinde „Zur Heiligen Familie“.
Prof. Kreuzer berichtete über die ersten Bibelübersetzungen in die damaligen Landessprachen. 1080 widerrief Gregor VII. die Erlaubnis seines Vorgängers die slawische Sprache im katholischen Gottesdienst zu verwenden. Er begründet dies u. a. damit, dass „es dem allmächtigen Gott nicht ohne Grund gefallen habe, dass die Heilige Schrift in gewissen Gegenden verhüllt sei, damit sie nicht bei allseitiger Zugänglichkeit gewöhnlich werde und der Verachtung anheimfalle oder von mittelmäßigen Menschen falsch verstanden werde und so in Irrtum führe“. Nach dem Bibelverbot war es schwierig die Lehre in der Landessprache zu veröffentlichen, es wurden jedoch deutsche Zusätze und Erklärungen zur lateinischen Bibel publiziert. Das erste mit beweglichen Lettern von Johannes Gutenberg in Mainz gedruckte Buch der westlichen Welt war die lateinische Bibel entstanden zwischen 1452 und 1454. Mit der Reformation erwachte der Bedarf an Bibeln in der Landessprache, da ja jeder das Evangelium selbst lesen können sollte. Luther übersetzte das Neue Testament 1522 und die auf Luther basierende Vollbibel erschien 1533/34. Die Zürcher Bibelübersetzung, heute auch „Zürcher Bibel“ genannt, wuchs aus der “Prophezey” heraus. Diese wichtige Aufgabe begann mit einer an jedem Werktag stattfindenden Bibelauslegung mit deutscher Übertragung für die Gemeinde. Daran waren alle Geistlichen und gelehrte Theologen aus Zürich beteiligt. Christoph Froschauer druckte 1531 eine reich illustrierte und aufwendig gestaltete Gesamtausgabe mit einem Vorwort von Ulrich Zwingli. Besonders stolz sind die Reformierten darauf, dass die Zürcher Bibel (die erste protestantische, deutschsprachige Gesamtübersetzung) drei Jahre vor Luther vollendet war. Die Zürcher Bibel hatte anfangs nur lokale Bedeutung, weil schon die Berner Probleme mit dem Text im „Zürcher Deutsch“ hatten. Spätere Bearbeitungen und Revisionen hin zum Oberdeutsch führten aber zu einer weiten Verbreitung. Besonders die Neubearbeitung von 1931 ist hervorzuheben. Die Zürcher Bibel, mit der letzten Ausgabe 2007, gehört heute zu den großen Bibelübersetzungen des deutschen Sprachraums. In der evangelisch-reformierten Tradition ist man stolz auf sie und sie ist „die“ Bibel. Anschließend verdeutlichte Prof. Kreuzer anhand von Beispielen die Schwierigkeiten bei der Übersetzung mehrdeutiger Satz und Wortstellen. Nach dem Vortrag wurde beim schmackhaften Buffet noch bis 21:30 Uhr diskutiert. Es war ein sehr informativer Vortrag mit sehr interessierten und interessanten Besuchern. Schade, wenn Sie nicht dabei sein konnten. Franz Radner Bilder
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