Andacht aus der reformierten Erlöserkirche, Wien-Favoriten, 10. Mai 2020
mit Gerti Rohrmoser
Orgelvorspiel: Allegro, gespielt von Markus Rohrmoser
Im Brief an die Gemeinde in Philippi heißt es:
Alles vermag ich durch Christus, der mir die Kraft dazu gibt.
Es ist ein sehr starkes und aufbauendes Wort, mit dem ich Sie zu Beginn dieser Andacht grüßen möchte. Ich denke, in Zeiten wie diesen können wir das alle gut brauchen: Ermutigung, Stärkung, Zuspruch.
Ich möchte Sie einladen ein paar Gedanken mit mir zu teilen, wie wir diese Wochen, die so voller Verunsicherung, Zweifeln und für manche von uns auch voll Angst vor der Zukunft sind gut behütet und geborgen durchschreiten mögen.
Denn bei allem aber, was wir hier heute und an jedem Tag tun, dürfen wir darauf vertrauen, dass wir nicht allein gelassen sind, sondern dass Gott mit uns geht!.
Wir beten:
Um dein Geleit bitten wir dich
Guter Gott,
sei du unsere Stütze
auf den unwegsamen Pfaden unseres Lebens,
und wenn wir fallen,
so fang uns auf.
Sei du unser Ansporn,
wenn wir zögern.
Gib uns Kraft, wenn wir verzweifeln
Und den Mut all unsere Hoffnung auf dich zu setzen.
Aus Deiner Hand empfangen wir
den Mut, die Liebe und die Zuversicht,
die uns als deine Kinder kenntlich macht.
Du bist die Quelle unseres Lebens,
stärke und erfrische uns.
AMEN
Lied: Evangelisches Gesangbuch, 302, 1-4: Du meine Seele singe
1) Du meine Seele, singe, / wohlauf und singe schön
dem, welchem alle Dinge / zu Dienst und Willen stehn.
Ich will den Herren droben / hier preisen auf der Erd;
ich will Ihn herzlich loben, / solang ich leben werd.
2) Wohl dem, der einzig schauet / nach Jakobs Gott und Heil!
Wer dem sich anvertrauet, / der hat das beste Teil,
das höchste Gut erlesen, / den schönsten Schatz geliebt;
sein Herz und ganzes Wesen / bleibt ewig ungetrübt.
3) Hier sind die starken Kräfte, / die unerschöpfte Macht;
das weisen die Geschäfte, / die Seine Hand gemacht:
der Himmel und die Erde / mit ihrem ganzen Heer,
der Fisch unzähl´ge Herde / im großen wilden Meer.
4) Hier sind die treuen Sinnen, / die niemand Unrecht tun,
all denen Gutes gönnen, / die in der Treu beruhn.
Gott hält sein Wort mit Freuden, / und was Er spricht, geschicht,
und wer Gewalt muss leiden, / den schützt Er im Gericht.
2.Tim. 1,7: “Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit!”
In Zeiten wie diesen, da ist viel von den Ängsten der Menschen die Rede. Das ist verständlich. Und vielleicht können Sie ihn auch selbst hin und wieder spüren, bei sich und anderen den Geist der Verzagtheit. Der Geist der Verzagtheit – das sind die Ängste, die uns stark beeinflussen, die uns bestimmen und mitunter hilflos machen. Solche Ängste betreffen uns nicht nur in Zeiten einer irgendwie unheimlichen Pandemie, sondern können ganz vielfältig sein: Die Angst vor der Dunkelheit und vor den eigenen Abgründen. Das unerträgliche Herzklopfen beim Warten auf die Diagnose. Die Verzagtheit vor einer Prüfung und die Sorge zu versagen. Die Angst um unsere Lieben und die Angst, sie zu verlieren. Die Angst vor dem Verlust von Position und Arbeitsstelle. Die Angst vor den rasanten Umwälzungen in unserer Gesellschaft und dem globalen Chaos in der Welt. Die Angst, das eigene Leben nicht mehr in der Hand zu haben. Die Angst, das Leben zu verfehlen. Und nicht zuletzt die Angst, alles zu verlieren, das Leben selbst. Die Angst vor dem Tod.
Wenn der Timotheusbrief gegen Angst und Furcht anredet und anschreibt, dann geht es nicht darum, die Angst einfach vom Tisch zu wischen. Das funktioniert nicht. Es geht darum, sie in die Schranken zu weisen. Ihr den Anspruch auf unser Leben strittig zu machen. Sie nicht überhand nehmen zu lassen. Denn das ist die Gefahr bei der Angst: Dass sie immer noch größer wird, dass man aus lauter Angst vor der Angst noch mehr Angst bekommt.
Um dem Geist der Verzagtheit Grenzen zu setzen, braucht es viel. Ein „Hab keine Angst!“ reicht da nicht. Das weiß auch Paulus und darum setzt er der Furcht eine ganze Theologie entgegen und erinnert an die Grundfesten des Glaubens.
Wenn ich unterzugehen drohe vor lauter Angst, dann kann das helfen: Erinnert zu werden an das, was mich trägt und hält, was da ist und nicht verloren geht.
Ja, ich denke, mit solchem Mut gingen wir gern nicht nur durch diese Tage!. Und es gibt sie: Tage und Zeiten, in denen uns das gelingt. Aber dann kommen eben doch auch immer wieder die Zweifel und mit ihnen die Furcht, dem Leben nicht gewachsen zu sein. Dann zaudern wir und sind verzagt. Und dann brauchen wir klare Gegenworte:
„Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“
Was für eine Zusage, was für ein Zutrauen! Wir haben den Geist Gottes in uns, über uns, um uns, er ist uns gegeben. Ohne dass wir dafür irgendetwas leisten müssen und obwohl wir oft so kleinmütig sind. Dieser „Mutmach-Geist“ ist schlicht und einfach da, einfach so, geschenkt!
Und er gibt uns Kraft: Im Griechischen steht da dynamis, das hat mit Bewegung und Dynamik zu tun. Wo alles erstarrt und gebannt ist vor Angst, da kommt Bewegung und Schwung hinein. Da sind wieder Schritte möglich, da tun sich neue Wege auf.
Er gibt uns Liebe: Da klingt Gemeinschaft, Verbundenheit, Beziehung an. Wir müssen uns nicht zurückziehen, nicht heraus nehmen, sondern können auf andere zugehen, unsere Ängste mitteilen, trösten und getröstet werden.
Er gibt uns Besonnenheit: Wir müssen uns nicht verrückt machen, haben die Fähigkeit, angemessen zu beurteilen, klar zu denken und abzuwägen.
Kraft und Liebe und Besonnenheit, all das wird uns zugetraut, wir sind kompetent im Umgang mit der Angst!
Sie wird nicht aus unserem Leben verschwinden, aber wir können sie in die Schranken weisen und frohen Mutes und leichten Schrittes unseren Weg mit Gott und im Vertrauen auf ihn gehen. – Und der Friede Gottes, der hoher ist als unsere Vernunft bewahre unsere Herzen in Christus Jesus. Amen!.
Segen:
Gott lasse seine Freundlichkeit leuchten über Dir,
er gewähre Dir eine gute Zeit
und Tage mit erfüllten Stunden.
Er beschenke Dich mit allem, was Deinen Leib nährt
Und Deine Seele wärmt.
Wird Dir Dein Weg schwer,
so trage Dich sein Erbarmen.
Gott lasse dich an jedem Tag wachsen:
In seiner Liebe,
in seiner Weisheit
und in seinem Frieden.