Gottesdienst aus der ref. Erlöserkirche,
Wien-Favoriten, 11. April 2021
mit Pfr. Johannes Wittich
Präludium : Juliane Schleehahn: Allegro moderato maestoso von Felix Mendelson Batholdy (1809 – 1847)Spruch: Mt. 18,20:Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter Begrüßung:Mit diesem Satz beginnt jedes Mal der Kindergottesdienst in unserer Gemeinde – gefeiert jeden zweiten Sonntag im Monat im Gemeindesaal. Einmal im Jahr „übersiedelt“ der Kindergottesdienst in den Kirchenraum, wird genauso gefeiert, wie immer, mit Teppich und Polstern auf dem Boden und vielen bunten und kreativen Elementen. Die Erwachsenen sind dann eingeladen, mit den Kindern mitzufeiern, tun einmal das, was die Kinder gerne haben, weil es oft genug ja umgekehrt ist: Kinder machen das, was den Erwachsenen gefällt. Ein solcher Sonntag wäre heute gewesen. Wir nennen in unserer Gemeinde diesen Anlass „Generationengottesdienst.“ Dieser Generationengottesdienst wird auch heute stattfinden, allerdings nicht in einem Raum, sondern verteilt auf viele Räume: In unserer Kirche – und in den vielen Wohnzimmern oder Kinderzimmern, auf die die Gottesdienstgemeinde heute verteilt ist. Denn was heute im Gottesdienst passiert, in der Kirche und zu Hause, das befindet sich alles in diesen Kuverts, die an die Kinder in unserer Gemeinde verschickt worden sind und die auch ihr heute in der Hand haltet. Wir sind hier, und denken an die, die woanders sind, und feiern gemeinsam, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen. Um das Thema „Sehen“, also das Richtige erkennen, geht es heute im Gottesdienst. Das ist auch das Thema im 25. Psalm. Wir beten mit Worten aus ihm: 1 … Zu dir, Herr, Lied: Alle Knospen springen aufPredigttext: 1. Kor. 13, 9-13:9 Denn Stückwerk ist unser Erkennen und Stückwerk unser prophetisches Reden. 10 Wenn aber das Vollkommene kommt, dann wird zunichte werden, was Stückwerk ist. 11 Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind, überlegte wie ein Kind. Als ich aber erwachsen war, hatte ich das Wesen des Kindes abgelegt. 12 Denn jetzt sehen wir alles in einem Spiegel, in rätselhafter Gestalt, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt ist mein Erkennen Stückwerk, dann aber werde ich ganz erkennen, wie ich auch ganz erkannt worden bin. Liebe Gemeinde! Heute, im Generationengottesdienst wird über das Thema „Sehen“ nachgedacht. Ganz oft verwenden wir Wörter im Alltag, die etwas mit sehen zu tun haben: Auf Wiedersehen! Die Liste lässt sich sicher noch erweitern. Sehen zu können ist schon etwas Tolles. Was wir nicht alles um uns herum sehen können! Gerade im Frühling gibt es in der Natur viel zu sehen. Die ersten Knospen sind schon auf den Bäumen, die ersten grünen Spitzen sind in den Beeten zu sehen. Dann wächst alles immer mehr und die Natur wird immer farbenfroher und bunter. Aber nicht alle Menschen können sehen, manche sind blind. Sie haben dafür ganz viele andere Fähigkeiten, um Sachen wahrzunehmen. Sie können besser mit den Fingern fühlen, genauer hören und tasten als wir. Aber wie ist es mit dem Lesen? Können die auch eine Bibel lesen? Traude, Mitarbeiterin aus der Gemeinde Wien-West, hat die Geschichte von Louis Braille, dem Erfinder der Blindenschrift aufgeschrieben; sie ist auf dem fliederfarbenen Blatt zu finden. Ariane aus unserer Gemeinde hat sie für die Homepage gelesen – für die, die sich gerne vorlesen lassen. Die Erfindung von Louis Braille hat es möglich gemacht, dass auch Leute, die nicht sehen, in der Bibel lesen. Vielleicht lassen sie sich manchmal auch was vorlesen. Alle können die Geschichten der Bibel mitbekommen. Und in der Bibel gibt es auch viele Geschichten zum Thema Sehen: da werden Blinde geheilt; es wird von Jesus gesagt, ich bin das Licht der Welt. Jesus hat vielen Menschen die Augen geöffnet. Ihm ist wichtig, dass wir mehr mit den Herzen sehen sollen. „Mit dem Herzen sehen“ – hier würden wir wohl spannend sein, die Kinder zu fragen, ob sie verstehen, was das bedeutet. Ob sie Vorschläge haben, wie das wohl geht. Allerdings: wissen wir als Erwachsene auch immer, wie das geht, das „Sehen mit dem Herzen“? „Ohne Kultur sind unsere Augen nur Lichtsensoren“, heißt es gerade in einer Plakatkampagne, die an die Wichtigkeit des Kulturlebens in unserer Stadt erinnern soll, gerade in Zeiten von Corona, wo kulturelle Aktivitäten wenig bis gar nicht möglich sind. Ohne Herz bekommen unsere Augen nicht mit, was sie sehen, möchte ich diesen Satz abwandeln. Im Erkennen, Zuordnen, Mitfühlen, Verstehen liegt die große Kunst Sehens. Eine Kunst, die ein ganzes Leben lang geübt werden will. Davon spricht auch der Apostel Paulus. Im Denken, Fühlen, Handeln, entwickeln wir uns ein Leben lang. Verändern wir uns, denken um, reflektieren unsere Gefühle, korrigieren unser Verhalten. Das ist auch gut so, und von Gott gut ausgedacht. So bleiben wir nicht stehen, sondern sind in Bewegung. Trotzdem: wir alle kennen auch die Sehnsucht, die uns gelegentlich erfasst, die Sehnsucht, wieder Kind sein zu dürfen. Zurück zu gehen in eine Zeit, als so Vieles noch viel klarer und einfacher zu sein schien. Bei den Generationengottesdiensten habe ich immer wieder die Rückmeldung von Erwachsenen bekommen, dass die Predigtgedanken der Mitarbeiterinnen, aber auch die Reaktionen der Kinder ganz besondere Emotionen ausgelöst haben. Ja, dass da das Evangelium, die „gute Botschaft“ von der Liebe Gottes, die Einladung, Gott zu vertrauen, viel greifbarer geworden ist. Im Erinnern an Zeiten, als Vertrauen noch einfach war und Gott nicht das große Fragezeichen. Auch der Apostel Paulus weiß das offensichtlich, kennt es aus seinem eigenen Leben, und geht auch gar nicht davon aus, dass er irgendwann einmal einen Punkt erreichen wird, wo er alles durchschaut. Dem menschliche Bemühen um Erkenntnis, Schritt für Schritt, steht etwas gegenüber. Ruhend, immer schon da, verlässlich, unerschütterlich: das Wissen Gottes über uns, das „Erkannt – Sein“, wie es Paulus nennt. Das macht menschliches Bemühen, um Sehen, Erkennen und Verstehen nicht weniger wichtig. Aber gibt ihm einen besonderen Rahmen: eingebunden in den liebevollen Blick Gottes auf uns. Das macht menschliches Bemühen, um Sehen, Erkennen und Verstehen nicht weniger wichtig. Aber gibt ihm einen besonderen Rahmen: eingebunden in den liebevollen Blick Gottes auf uns. Das macht auch Mut, den Blick zu weiten, den Blickwinkel gelegentlich zu ändern oder auch mal ganz besonders genau auf etwas zu schauen. Dazu gibt es in unsere Kigo to Go – Set eine „Sehhilfe“. Nehmen wir doch mal die Postkarte hervor und schauen durch das Loch. Dadurch, dass wir nicht alles um uns sehen, sehen wir manche Sachen genauer und besser. Wenn wir es probieren, sehen wir die Welt vielleicht auch einmal anders. Mit Liebe zum Detail. Zu den vielen Details dieser Welt, die Gott in seiner Liebe geschaffen hat. Amen. Gebet:Lieber Gott, ich danke dir, Unser Vater im Himmel … Abkündigungen:Segen:Information: Im Kigo to Go – Kuvert finden sich noch mehr schöne Dinge und Möglichkeiten: Die Postkarte kann noch bemalt werden. Und ein paar Rätsel und ein paar Spielideen gibt es auch noch. Gerne kann Alles ausprobiert werden. Aber vorher wollen wir uns noch unter Gottes Segen stellen. Und in der Gewissheit, dass wir auch in Zukunft gesehen, geschützt und gehalten sind, dass Gott wie ein Zelt uns Sicherheit gibt, sprechen wir den Segen. (Vielleicht wollt ihr euch auch wieder die Hände reichen, und zum Schluss den Händedruck weitergeben.) Gott segne dich und behüte dich. Postludium: Juliane Schleehahn |