Gottesdienst aus der ref. Erlöserkirche, Wien-Favoriten, 28. März 2021, Palmsonntag mit Pfr.i.R. Karl Weinberger
Gottesdienst aus der ref. Erlöserkirche, Wien-Favoriten, 28. März 2021, Palmsonntag mit Pfr.i.R. Karl Weinberger
Foto: Franz Radner
Gottesdienst aus der ref. Erlöserkirche, Wien-Favoriten, 28. März 2021, Palmsonntag
mit Pfr.i.R. Karl Weinberger
Präludium: Martin Seidl: “Toccata nona et Fuga prima in c” – Gottlieb Muffat (1690-1770)
Votum:
Bei unserem Gott findet man Hilfe.
Sein Segen komme über sein Volk!
Gebet:
Wir nehmen uns in der kommenden Woche Zeit,
dem Wg Jesu zum Kreuz nachzugehen.
Wir möchten begreifen, guter Gott,
was uns altbekannt ist
und zugleich fremd vorkommt.
Wenn wir die Geschichte Jesu hören als einen Bericht aus vergangener Zeit, wäre es schade.
Lass uns begreifen daß Jesu Weg ins Leiden für uns geschehen ist.
Amen
Lied: Evangelisches Gesangbuch 91, 1-3 u. 9-10:
1) Herr, stärke mich, dein Leiden zu bedenken,
mich in das Meer der Liebe zu versenken,
die dich bewog, von aller Schuld des Bösen
uns zu erlösen.
2) IVereint mit Gott, ein Mensch gleich uns auf Erden
und bis zum Tod am Kreuz gehorsam werden,
an unsrer Statt gemartert und zerschlagen,
die Sünde tragen:
3) welch wundervoll hochheiliges Geschäfte!
Sinn ich ihm nach, so zagen meine Kräfte,
mein Herz erbebt; ich seh und ich empfinde
den Fluch der Sünde.
9) Unendlich Glück! Du littest uns zugute. Ich bin versöhnt in deinem teuren Blute. Du hast mein Heil, da du für mich gestorben, am Kreuz erworben.
10) Wenn endlich, Herr, mich meine Sünden kränken, so lass dein Kreuz mir wieder Ruhe schenken. Dein Kreuz, dies sei, wenn ich den Tod einst leide, mir Fried und Freude.
Predigttext: Johannes 12, 12-19:
12 Als am nächsten Tag die große Menge, die aufs Fest gekommen war, hörte, dass Jesus nach Jerusalem kommen werde,
13 nahmen sie Palmzweige und gingen hinaus ihm entgegen und schrien: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König von Israel!
14 Jesus aber fand einen jungen Esel und setzte sich darauf, wie geschrieben steht (Sacharja 9,9):
15 »Fürchte dich nicht, du Tochter Zion! Siehe, dein König kommt und reitet auf einem Eselsfüllen.«
16 Das verstanden seine Jünger zuerst nicht; doch als Jesus verherrlicht war, da dachten sie daran, dass dies von ihm geschrieben stand und man so an ihm getan hatte.
17 Die Menge aber, die bei ihm war, als er Lazarus aus dem Grabe rief und von den Toten auferweckte, bezeugte die Tat.
18 Darum ging ihm auch die Menge entgegen, weil sie hörte, er habe dieses Zeichen getan.
19 Die Pharisäer aber sprachen untereinander: Ihr seht, dass ihr nichts ausrichtet; siehe, alle Welt läuft ihm nach..
Ihr Lieben !
Wer von uns möchte schon ein Esel sein ?
„Blöder Esel“ „Stur wie ein Esel“ und vieles mehr sind die Attribute die wir einem Esel zuschreiben. Dabei tun wir ihm aber unrecht denn er kann nicht nur große Lasten tragen sondern ist auch gutmütig und geduldig, findet den richtigen Weg. Insbesondere zur Zeit Jesu ein unentbehrliches Lebewesen. So etwas wie das Auto der kleinen Leute. Und in der Bibel spielt er auch immer wieder einmal eine große Rolle. Bis dahin dass sogar Gott ihn, an anderer Stelle, reden lässt und er Jesus als Reittier bei seinem Einzug nach Jerusalem dient. Jesus auf dem Weg nach Jerusalem. Zum dritten Mal wird er in diese Stadt kommen. Er war zu seiner Beschneidung als Säugling dort- bei seiner Bar Mizwa Feier als zwölfjähriger- und jetzt kurz vor seinem Tod kommt er wieder nach Jerusalem. Drei wichtige Stationen im Leben eines Menschen.
Israel war damals von den Römern besetzt und es gehörte zum Straßenbild, dass die Besatzer ihre Macht zur Schau stellten. Sie patrouillieren durch die Straßen Jerusalems, lassen ihre Kohorten aufmarschieren, kontrollieren die Eingangsstraßen und lassen Triumphbögen erbauen, um ihren Sieg über die jüdische Bevölkerung zu demonstrieren: Ein Jahrhunderte altes Ritual der Sieger über die Besiegten, bis in unsere Zeit. Da staut sich Wut auf. Die Menschen wehren sich gegen die Demütigungen, mangels Macht, mit der geballten Faust in der Tasche. Sie entwickeln Widerstand gegen das fremde Militär. sie bauen eine Gegenmacht auf, sind kampfbereit, gewaltbereit. Sie wollen ihre Freiheit zurückgewinnen. Und warten auf den, seit alter Zeit vorhergesagten, Messias. Er wird die Römer vertreiben. Er wird Israel seine Unabhängigkeit zurückgeben und Gerechtigkeit wird einziehen in das Land. Auch Jesus hatte solche „Donnersöhne“ im Gefolge die hofften dass Er es sei den das Land so sehnlichst erwartete.
Sein Ruf war ihm vorangeeilt er erfüllte alle Attribute die der Messias haben sollte, hatte Menschen von Ihren Krankheiten geheilt, Tote auferweckt. Und so werden Palmzweige genommen um sie wie Fahnen zu schwenken um ihn zuzujubeln. Sie rufen Hosianna, Hosianna. Was so viel heißt wie: Hilf doch, hilf doch.
Palmzweige bei Jesu Einzug in Jerusalem. Daher auch der Name Palmsonntag. Und da bei uns keine Palmen wachsen hat sich in vielen christlichen Kirchen ein Brauchtum mit Palmkätzchen entwickelt. Palmwedel, bereits seit Jahrhunderten ein Zeichen des Sieges. Im alten Israel auch ein Zeichen der jüdischen Unabhängigkeit.
Ihr Lieben, eigentlich müsste der Esel ein heiliges Tier sein, hat er doch den gesalbten Gottes getragen und ihm, in dieser schweren Stunde etwas von seiner Standhaftigkeit und Trittsicherheit abgegeben und etwas von seiner Verzagtheit aufgenommen. Denn Jesus wusste genau dass die Begeisterung des Volkes in Wut und Hass umschlagen wenn er ihre Anforderungen nicht erfüllen würde.
Heute ein Hosianna und morgen ein Kreuzige ihn. Solche Todesschatten liegen auch über unserem Leben wenn uns klar wird wie hilflos wir immer wieder dem Tod ausgeliefert sind.
Ein Unfall, eine schlimme Diagnose, ein Schlaganfall oder Herzinfarkt. Oder einfach nur, was wir unter den Worten von „zur falschen Zeit, am falschen Ort, verstehen.“
Wenn so etwas eintritt, dann verschieben sich plötzlich alle Werte. Was vorher wichtig war bekommt eine ganz andere Bedeutung.
Jesus setzt ein klares Signal. Wie vorausgesagt zieht er auf dem Rücken eines jungen Esels über die Hauptstraße von Jerusalem, spricht kein einziges Wort und sagt damit: Ich bin der König des Friedens. Nicht hoch zu Ross, von oben herab, sondern auf dem Rücken eines jungen, das heißt kleinen, Esels auf Augenhöhe mit den Menschen. Das ist es was er will. Uns Menschen auf Augenhöhe zu begegnen, uns Nahe sein. Somit wird er uns zum Gegenüber- zum DU. Herrscher haben oftmals viele Titel. Jesus bei den Propheten auch aber hier heißt es „Siehe dein König kommt zu Dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einen Esel, einem Füllen der Eselin (Sacharja 9,9). In Jesus hat sich diese Prophezeiung erfüllt. Er gibt den gedemütigten ihre Würde zurück. Er schaut auch in unsere Gesichter. Jeder von uns hat ein Gesicht, jeder ein Lebensschicksal. Keiner bleibt allein. Keiner geht verloren. Er verschafft Gerechtigkeit. Er, „ein Gerechter und Helfer“.
Wir sind und bleiben auch über die Jahrtausende mit ihm verbunden denn letztlich hat er auch den Tod besiegt. Die Palmzweige sind seit dieser Zeit auch für uns Christinnen und Christen ein Siegeszeichen über den Tod. Wir finden sie auf Bildern von Märtyrern als Zeichen das sie letztlich standhaft blieben und so den Sieg davontrugen obwohl sie getötet wurden. Wir finden sie auch immer wieder einmal auf Grabsteinen (manchmal kaum als solche erkennbar) als Siegeszeichen über den Tod. So wollen wir die Palmkätzchen auch heute sehen als Zeichen dafür das der Tod und das Grab nicht das letzte Wort haben, sondern in Jesus Christus für uns besiegt sind. Amen
Interludium: Martin Seidl: “Aus tiefer Not schrei ich zu dir” – Johann Pachelbel (1653-1706)
Gebet:
Gott, du kannst uns erlösen:
von unseren Vorwürfen,
von Anklagen und Schuldsprüchen,
unseren fertigen Urteilen,
die den Tod in sich haben.
Dein Sterben
bringt unser Pochen auf Recht
zum Schweigen.
Dein Tod hätte uns genügen sollen.
Gott, erbarm dich,
damit wir anfangen zu verstehen
und einander entlasten;
damit wir entschuldigen können
und mit den Augen der Liebe
erkennen die Bitte des Gekreuzigten
in jedem Mitmenschen.
Vater unser…..Amen
Segen:
Gott sei vor dir, um dir zu zeigen, wie du in unbekannte Zukunft gehen kannst.
Gott sei neben dir, um dich in die Arme zu schließen, wenn du nicht weiter magst.
Gott sei hinter dir, um dich zu bewahren und dir den Rücken zu stärken.
Gott sei unter dir, um dich aufzufangen, wenn du den Boden unter den Füßen verloren hast.
Gott sei in dir, um dich zu trösten, wenn du traurig bist.
Gott sei um dich herum, um dich zu verteidigen, wenn das Böse dich bedrängt.
Gott sei über dir, um dich liebevoll zu segnen.
So segne dich der gütige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen
Postludium: Martin Seidl: “Ricercar pro Tempore Quadragesima super Initium Cantilenae ‘Da Jesus an dem Kreutze stund'” – Johann Kaspar Ferdinand Fischer (1670-1746)