Gottesdienst aus der reformierten Erlöserkirche
am 18. September 2022
mit Annamarie Reining
Eingangsgebet:
Der Psalm 146. begleitet uns diese Woche:
Er singt ein Lob – und Danklied auf Gottes Treue.
Wenn wir uns nun zum Gebet sammeln,
folgen wir den Spuren des Psalmdichters.
Halleluja! Lobe den Herrn, meine Seele!
Ich will den Herrn loben, solange ich lebe,
und meinem Gott lobsingen, so lange ich bin.
Verlasst euch nicht auf Fürsten,
sie sind Menschen, die können ja nicht helfen.
Wohl dem, dessen Hilfe der Gott Jakobs ist,
der seine Hoffnung setzt auf den Herrn, seinen Gott,
der Himmel und Erde gemacht hat, der Treue hält ewiglich.
Ja, unser Gott, Jahr für Jahr erleben wir, dass Pläne durchkreuzt, unsere Vorhaben zunichte werden.
Dennoch war und ist Deine Treue zu spüren.
Wir danken Dir für freundliche Worte und schöne Begegnungen.
Wir danken Dir für Gesundheit, für Heilung und Bewahrung.
Gott, unser Vater, unser Land, die ganze Welt steckt in großen Sorgen und Problemen.
Du allein kannst Herzen wenden und die Richtung für gangbare Wege auftun, schenke Einsicht auf allen Seiten. Auch bei uns. Wir bitten Dich: Stärke den Willen zum Frieden.
Mach uns hellhörig für Dein Wort und für die Bedürfnisse Deiner Schöpfung und mach uns empfänglich für Deinen Geist.
Gib, dass wir Jesus, Dein Abbild nicht aus den Augen verlieren.
Gnade sei mit uns von Gott, unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus.
Predigttext: Jesaja 12
Liebe Gemeinde!
Gegen Ende des 2. Weltkriegs war ich zwischen 4 und 5 Jahren alt. In der Gegend unserer Siedlungshäuser wurde immer wieder bombardiert. Warum gerade in unsrer direkten Nähe, habe ich erst als Erwachsene begriffen: Kaum 3 km von unserem Haus entfernt wurden von Zwangsarbeitern in den Höhlen des Muraunberges Munition erzeugt und gelagert. Darüber wurde aber nicht geredet.
Es gab eben wieder Fliegeralarm. Meine Mutter nahm mich und die Tasche mit Wasser und Decken und lief mit mir die Stiegen hinunter in den Luftschutzkeller. Da waren schon einige Menschen, vor allem Frauen und Kinder. Wir waren damals kaum unten, begann das bekannte zischende Geräusch von einschlagenden Granaten und dann fiel eine Bomben in unserer Nähe. Das Krachen und Bersten habe ich noch heute im Ohr, der gestampfte Boden des Kellers zitterte. Die Menschen um uns begannen zu schreien. Eine Nachbarin, die mit ihren Kindern unter uns gewohnt hat, geriet in Panik. Da legte sich meine Mutter mit mir an einer Seite des Kellers auf den Boden. Ich hatte meinen Kopf auf ihren Unterarm. Sie betete „Der Herr ist mein Hirte…“ Da wurde es für mich ganz still. Ich hörte weder das Beten meiner Mutter noch das Schreien der Menschen, noch das Krachen des Angriffs. Warm durchflutete mich der Gedanke: Was jetzt auch kommt, es wird gut sein‘. Damit bricht meine Erinnerung ab.
Dem Danklied aus dem Buch Jesaja dürfte eine ähnliche, wohl viel krassere Erfahrung vorangegangen sein. Ich will sie kurz erzählen.
Jesaja lebte am Ende es 8. Jhdts vor unserer Zeitrechnung. Der kleine Staat Juda mit seiner Hauptstadt Jerusalem war vom assyrischen Großreich besetzt. Als Vasallenstaat musste jährlich eine hohe Summe an Tributzahlung nach Ninive abgeliefert werden. Das schmerzte.
Jesaja, ein angesehener Bürger und Dichter und wusste sich von Gott zum Propheten berufen. In dieser Funktion kämpfte er um Gerechtigkeit und Fürsorge für die verarmten Schichten der Bevölkerung. Er trat vor der Elite in Juda genauso auf wie auf Plätzen und Weinschenken. Seine Worte waren meist scharf: z. B. den Staatsbeamten gegenüber:‘ Wir warteten auf Rechtsspruch, aber es kam Rechtsbruch!‘. Da die Schere zwischen arm und reich immer weiter aufgegangen war, hatte er im Auftrag Gottes die Randgruppen im Blick: nicht Arbeitsfähige, Witwen und Waisen und Fremde. Die einflussreichen Bürger aber steckten das, wegen der Tributzahlungen schmale Budget, lieber in den Aufbau von Wehranlagen und Rüstung.
Um das Jahr 700 v.Chr. hatten die Eliten von Jerusalem den sonst besonnenen König Hiskia so weit, die Tributzahlungen einzustellen. Man hatte Gerüchte von Aufstände im Inneren des assyrischen Reiches gehört und die Fühler um Beistand nach Ägypten ausgestreckt.
Den Assyrern aber galt Juda als Bollwerk gegen das mächtige Pharaonenreich Ägypten. Im 10. Kapitel des Jesaja – Buches lesen wir in der prägnanten dichterischen Sprache Jesajas den erschreckend schnellen Anmarsch des assyrischen Königs Sanherib mit seinem Heer.
Die Soldaten kommen nicht die normale Straße, sondern gleichsam von allen Seiten über Berge und Täler. Das Heer plündert die kleineren Städte und Dörfer Judas, zerstört sie und verschleppt die Menschen. Dann belagern die Assyrer die Stadt Jerusalem. Jesaja schweigt. Wir erfahren nichts über die Zustände in der Stadt. Für Angst und Verzweiflung gab und gibt es eben keine angemessenen Worte.
Das 11. Kapitel des Jesaja-Buches mit seinem wunderbaren Bildern vom Ende aller Gewalt dürfte erst aus späterer Zeit stammen, aber es trifft tröstliche Gotteserfahrungen in großer Gefahr sehr genau. Wie viele solcher Momente hat das jüdische Volk in seiner Geschichte durchlebt?!!
Beinahe über Nacht musste der assyrische König einer Seuche wegen die Belagerung aufgeben. So erzählt das 2. Buch der Könige in der Bibel.
Jerusalem war frei. Und den Jubel darüber haben wir im 12. Kapitel des Jesajabuches als Predigttext gelesen. Ich danke Dir.. Ich danke Dir…lesen 1-2 Und mitten drin hören wir Jesajas Worte:
Ihr werdet mit Freuden Wasser schöpfen aus den Brunnen des Heils
In der Sprache der Bibel heißt das: Jetzt werdet ihr mit Freuden aus den Weisungen Gottes für verantwortliches Zusammenleben schöpfen! Ein Neuanfang in Solidarität zwischen Arm und Reich, Einheimisch und Fremd. Das schafft Heil! Das bringt Frieden. Auf Gottes gute Weisungen zu hören und danach zu handeln bedeutet für den Propheten: Schöpfen aus den Heils- Brunnen. Und das galt zu allen Zeiten und Orten.
Sind wir damit nicht an die unmittelbare Zeit nach dem Ende des 2. Weltkriegs erinnert? Gründung der Vereinten Nationen schon im Oktober 1945, Die Einrichtung der Weltgesundheits – und der Welternährungs – Organisation 3 Jahre danach. Die Erklärung der Menschenrechte, Gründung des Weltrates der Kirchen beides 1948. Am kommenden Sonntag sind die Kinder Wiens eingeladen im Donaupark die nachhaltigen Ziele der Vereinten Nationen zu erleben und zu feiern. 77 Jahre nach Gründung der UNO.
Ein Schöpfen aus den Heilsbrunnen Gottes für ein ‚gutes Leben aller Menschen‘!
Tief erlebter Dank Gott gegenüber hat mit dem Beginn von etwa Neuem zu tun. Davon erzählt die Bibel immer wieder. Gott danken ist dem Wesen nach mehr als eine Geste. – es ist ein dankbares Eintauchen in Gottes Gegenwart, die ins Leben übersetzt werden will.
Davon erzählt die Bibel in vielen Bildern und Erzählungen. Einige starke Bilder davon sind dem heutigen Sonntag zugeordnet. Eines davon ist die bekannte Geschichte: Jakobs Traum von der Himmelsleiter. Von einem Aufgang zwischen der Menschenwelt und der Gotteswelt ist im Text die Rede. Jakob ist bekanntlich auf der Flucht vor dem Bruder Esau und dessen Morddrohung. Im Freien, auf Steinen schlafend träumt er von der Güte und Treue Gottes, die ihn begleiten wird. Ein so starker Traum, den Jakob nie vergessen wird. Am Morgen geht er als veränderter Mensch seinen Weg weiter.. Jakob, der Vater und Bruder belogen und betrogen hatte, und nun einsam auf einem Steinhaufen übernachtet, wird mit einem Traum – Bild der Gegenwart Gottes überrascht und das verändert ihn. Er, der listige Machtmensch wird kurze Zeit später um der Liebe zu einer Frau willen 14 Jahre lang als Knecht dienen.
Auch In der Lesung des heutigen Sonntags aus dem Lukasevangelium die wir gehört haben, ist von großem Dank die Rede.
Da befindet sich Jesus auf dem Weg nach Jerusalem. Von Ferne rufen 10 aussätzige Männer: „ Jesus, lieber Meister, erbarme dich unser!“
Mit schwerem Ausschlag behaftete Menschen mussten damals Familie und Dorfgemeinschaft verlassen und in völliger Isolation von gesunden Menschen leben, besser vegetieren. Sie wurden von den eigenen Familien meist mit Lebensmitteln versorgt, sonst waren sie sich selbst überlassen. Nur wenn der Ausschlag verschwunden war, und ein Priester das bestätigt hatte, durften sie in ihre Familien zurückkehren.
Jesus ruft den 10 Kranken zu: Zeigt euch den Priestern! Auf dem Weg zu einem Priester merken sie das Verschwinden des Ausschlags. Aber nur einer von den 10 Männern lobt Gott laut für seine Heilung und sucht Jesus. Und – das überlesen wir meist – er fällt vor Jesus auf sein Angesicht und so dankt er ihm.
Er legt sich vor Jesus auf den Weg und berührt mit der Stirn den Erdboden. Für uns Heutige wirkt es fremd, sich aus Dankbarkeit auf die Erde zu legen.
Wohl, weil eine solche Geste von den Herrschern früherer Jahrhunderte gröblichst missbraucht worden war. Damit ist auch völlig verloren gegangen, was die Berührung des Bodes mit dem Gesicht bedeuten kann.
Bleiben wir bei dem geheilten Mann. Er liegt vor Jesus auf dem Boden und dankt ihm. Dabei begegnet er im Angesicht Jesu Gott, seinem Schöpfer. Eine tiefe Erfahrung!! Denn so am Boden liegend und Gott dankend ordnen sich die Gedanken neu. Mit der Stirn auf der Erde wird einem bewusst, wie sehr wir zur Erde gehören. – Im Werden und Vergehen –
Zugleich erwacht in uns die Gewissheit, dass wir von unserem Schöpfer gewollt sind.
Und — wieder im Bild der Schöpfungsgeschichte gesprochen –
erinnern wir uns, dass uns Gott mit seinem Geist angeblasen und begabt hat. Wir tragen Gottes Geist in uns und das macht Mut aus den Heilsbrunnen von Gottes guten Weisungen zu schöpfen. Und mag unser Beitrag noch so klein sein.
‚Ihr werdet mit Freuden aus den Brunnen des Heils schöpfen‘ ruft uns der Prophet Jesaja zu. 2700 Jahre später hören wir seine Worte als globalen Auftrag und tasten uns suchend voran.
Gerade das gibt unserem Leben Sinn und macht glücklich.
Amen.
Fürbitten:
Gott unser Vater
Deine Güte erfahren wir wie ein tiefes Einatmen in Deine Gegenwart und ein dankbares Ausatmen in unser kleines Leben hinein.
Dazwischen wird unser Herz weit und bewegt sich zu den Menschen, die wir lieben und zu allen, für die wir uns verantwortlich wissen.
In der Stille legen wir sie in Deine Hand.
Menschen, die mit Schmerzen beladen an ihrer Krankheit verzagen bringen wir vor Dich.
Menschen, die unter Ängsten und Depressionen leiden.
Wir denken an die Flüchtlinge aus der Ukraine und die Alten u. Gebrechlichen in der Ukraine, denen die Kraft zur Flucht fehlt.
Unser Gott, wir denken an Hungernde in Ostafrika an Menschen, die der Wassermangel aus ihrer Heimat vertreibt.
Der viele Regen in Pakistan bringt die Menschen dort um Ernte, Hab und Gut. Sie sitzen verzweifelt auf Resten ihrer Häuser.
Gott, unser aller Vater gib, dass die Hilfsorganisationen genug Personal und Lebensmittel bekommen, damit die Hoffnung dort wieder wachsen kann.
Wir bitten Dich, stärke alle Kräfte, die sich für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung Deiner Schöpfung einsetzen.
Die Vollversammlung des Weltkirchenrates ist zu Ende gegangen. Lass die guten Gedanken gedeihen und Früchte tragen.
Das alles legen wir in das Gebet, das uns Jesus gelehrt hat:
Unser Vater im Himmel …