Gottesdienst aus der reformierten Erlöserkirche,
Wien-Favoriten, 14. Juni 2020
mit Ulrike Wittich
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Orgelvorspiel: Isabella Kobera: Dieterich Buxtehude, Präludium in C-Dur
Spruch: Psalm 91, 11:

Denn Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten
auf allen deinen Wegen.

Begrüßung:

Behüten. Was für ein schönes altmodisches Wort, das außer in der
Kirche in unserem Alltag kaum vorkommt. Von guten Mächten wunderbar geborgen, behütet und getröstet wunderbar. Das Lied, der Text von Dietrich Bonhoeffer fällt mir noch ein. Oder der Ausruf: Gott behüte. Oder jemand ist sehr behütet aufgewachsen. Behüten, beschützen, bewahren, schöne Worte, die uns berühren. Worte, die Gottes Handeln an uns beschreiben. Worte, die sich verdichten in einem viel Größeren: Segen. Um Altbekanntes und vielleicht neu Erlebtes zum Thema Segen soll es heute gehen.
Gott segne unser Beten, Singen und Hören!

Gebet:

Du bist meine Lebensquelle und meine Lebenskraft.
Ich bin durstig, Gott, und ich suche dich, meine Lebensquelle.
Ich bin hungrig, Gott, und ich suche dich, meine Lebenskraft.
Meine Seele hängt an dir, und deine Hand hält mich fest.
Doch andere wollen mir das lebendige Wasser nehmen
Und beschneiden meine Lebenskräfte.
Du aber breitest deine Flügel über mir aus,
und in ihrem Schatten bin ich beschützt.
Deine Güte will ich loben, solange ich lebe;
Das ist meines Herzens Freude und meiner Hände Wirken.
Wenn ich mich zu Bett lege, so denke ich an dich,
wenn ich wach liege, sinne ich über dich nach.
Denn du bist meine Lebensquelle und meine Lebenskraft.
Amen

Lied: Evangelisches Gesangbuch, 170 1-3: Komm, Herr, segne uns

1) Komm, Herr, segne uns, dass wir uns nicht trennen,
Sondern überall uns zu dir bekennen.
Nie sind wir allein, stets sind wir die Deinen.
Lachen oder Weinen wird gesegnet sein.

2) Keiner kann allein Segen sich bewahren.
Weil du reichlich gibst, müssen wir nicht sparen.
Segen kann gedeihn, wo wir alles teilen,
Schlimmen Schaden heilen, lieben und verzeihn.

3) Frieden gabst du schon, Frieden muss noch werden,
Wie du ihn versprichst uns zum Wohl auf Erden.
Hilf, dass wir ihn tun, wo wir ihn erspähen –
Die mit Tränen säen, werden in ihm ruhn.

(Text und Musik: Dieter Trautwein)

Predigt: 4. Mose 6, 22-27

Lena fürchtet sich vor Monstern. Besonders nachts. Da verstecken sich fürchterliche Wesen unter ihrem Bett. Lena kann nicht schlafen. Sie muss weinen. Sie ruft nach Mama oder Papa. Mama und Papa kennen das schon, immer wieder verbirgt sich ein Monster unter dem Bett ihrer Tochter. Mama und Papa wissen natürlich, dass es Monster nicht gibt. Aber sie wissen auch, dass diese Erklärung bei Lena nicht ankommt. Nacht für Nacht ist da wieder ein Monster unter ihrem Bett. Eines Tages hat Papa eine Idee: er sägt kurzerhand die Beine von Lenas Kinderbett ab. „So, Lena, jetzt kann da gar kein Monster sein!“ – Doch in der nächsten Nacht versteckt sich das Monster hinter dem Vorhang.

So ähnlich erzählt es Eckart von Hirschhausen, der deutsche Arzt, Komiker und Zauberer.

Viele von uns waren selbst einmal eine kleine Lena, die sich vor nächtlichen Monstern fürchtet. Oder vor dem Gang in den dunklen Keller, wo sich auch wer weiß was oder wer verbergen könnte, wogegen kein logisches Argument oder ein lösungsorientiertes Einschreiten von Elternseite ankommt. Manchmal sogar können wir sie noch sehr gut nachfühlen, die damals empfundene Angst.

Jetzt aber gibt es etwas, das wirklich gegen Monster hilft: Ein Anti-Monster-Spray! Kein Scherz! Kann man kaufen! Das Spray enthält eine Mischung aus natürlichen Inhaltsstoffen wie Orangen-, Limetten- oder Lavendelöl und wird im Bedarfsfall direkt in Richtung Monster oder anderer Schreckgespenster gesprüht. In Kombination mit elterlicher Zuwendung und Trost, so verspricht das Etikett, bekämpft es die Monster und wirkt schlaffördernd. Etwas Konkretes gegen eine diffuse Angst kombiniert mit der Möglichkeit, selbst aktiv zu werden.

Eine gute Sache! Einfach genial, diese Erfindung!

Ein bisschen, muss ich gestehen, erinnert mich das ja an unser Anti-Corona-Desinfektionsspray! Und vielleicht denkt Ihr jetzt: Das ist doch etwas gaanz anderes. Wirklich? Man kann selbst etwas tun und es wirkt! Was für eine segensreiche Erfindung.

Segen. Darum geht es ja eigentlich jetzt.

So lautet der heutige Predigttext aus dem 4. Buch Mose, 6, 22-27: Und Gott redete mit Mose und sprach: Sage Aaron und seinen Söhnen und sprich: So sollt ihr sagen zu den Israeliten, wenn ihr sie segnet: Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.
Ganz am Anfang, in der Urzeit, bei der Schöpfung, da heißt es: Gott schuf die Menschen. Er schuf sie zu seinem Bilde. Er sah, dass es gut war. Und er segnete sie. Soll heißen: Gott spricht den Menschen alles zu, was sie brauchen. Er überträgt etwas von seiner Kraft auf die Menschen, damit sie das Leben leben können. Auch und besonders, wenn es einmal nicht so gut läuft und wir besonders viel Kraft brauchen. Dann hilft ein Segen. Denn Denken und Wissen allein reichen nicht immer und Sorgen und Nöte zu verscheuchen. Es braucht eine Handlung. Er muss wieder neu geschehen, der Segen. Das hilft. Die Wiederholung. Dass immer wieder geschehende Wort. Vergewisserung.

Bewahre uns Gott, behüte uns, Gott. Auch dieses Segenslied singen wir oft.

Sei Quelle und Trost in Wüstennot.
Sei Wärme und Licht im Angesicht.
Sei nahe in schweren Zeiten, und mit uns in allem Leiden.
Sei Hilfe und Kraft, die Frieden schafft.
Sei Heiliger Geist, der Leben verheißt.

Segen. Aaron

Schöne Worte: Bewahre, behüte, sei nahe. Worte, die schon aus sich selber wirken. Wie auch die des aaronitischen Segens. Es gibt Worte, die nicht nur etwas ausdrücken, sondern eine Handlung vollziehen: Indem ich es sage, geschieht es: ich begrüße dich z.B., ich gratuliere dir, Gott segne dich. Worte, die berühren und oft mit einer Berührung verbunden sind: Ein Händedrück, ein Handauflegen. Etwas Konkretes in menschlichen Notlagen. Das Wort geschieht und wird ‚handgreiflich‘ erlebbar. Inneres und äußerliches berührt sein. Das Wort wird wahr. Quelle, Trost, Wärme, Licht, Hilfe, Kraft.

Wir alle sind schon viele Male gesegnet worden. Am Ende von jedem Gottesdienst. Aber auch in besonderen Momenten des Lebens: bei der Konfirmation, der Hochzeit, bei Taufen und Beerdigungen. In entscheidenden Momenten unseres Lebens. ein Geborgenheitsritual.

Aber Segen ist keine magische Handlung und kein unsichtbarer Schutzschirm, mit dem uns gar nichts mehr passieren kann. Es wäre ausgesprochen dumm, auf dem Heimweg nach der Kirche als frisch Gesegnete beim Überqueren einer gefährlichen Straße nicht mehr nach links und nach rechts zu schauen.

Segen, z. B. bei der Hochzeit ist keine Zauberformel. Liebe ist nicht nur schön, sondern auch zerbrechlich. Deshalb wird Gottes Schutz wird zugesprochen. –
Segen ist keine Garantie, dass alles gelingt. Dass, wir im irischen Segen der Wind immer im Rücken ist, und der Weg, der Lebensweg, immer schön eben. So einfach ist das Leben nicht. Aber gerade, wenn es anders kommt, tut Segen gut. Deshalb wird uns bei der Taufe Gottes Begleitung zugesprochen.

Segen ist kein Allheilmittel gegen Schmerz, Sorgen und Trauer. Oder gegen den Tod. Aber Segen verheißt Hoffnung darauf, dass das Leben trotz allem weitergeht. Er kann uns aufrichten und stark machen, wenn wir es besonders brauchen.
Also ist Segen in vielen Momenten auch so etwas, wie ein Anti-Monster-Spray! Eine Vergewisserung: Gott hat Gutes für uns im Sinn. Der Schrecken ist gebannt.
Mehr aber als ein Anti-irgendwas, ein Für-uns. Eine Art Segens-Spray. Davon habe ich uns hier eine kleine Kostprobe mitgebracht! Wer mag, kann das ausprobieren!.

„Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein“ (Gen. 12,2), sagt Gott zu Abraham und schickt ihn auf den Weg ins Gelobte Land. Ein Segen sein. Ein Segen für andere. Denn Segen ist nicht nur etwas, das wir brauchen und zugesprochen bekommen.

Segen ist auch etwas, das weitergegeben werden kann. Segen ist nicht nur gut für die eigene Seele, sondern macht aktiv. Wie Abraham sollen wir selbst ein Segen sein. Deshalb haben wir eben auch das andere schöne Segenslied gesungen, in dem auch das das Weitergeben vorkommt.

Segen kann gedeihn, wo wir alles teilen,
schlimmen Schaden heilen, lieben und verzeihn.
Frieden muss noch werden. Hilf, dass wir ihn tun.

So einfach ist das.

Wenn wir Segen weitergeben, wird das Wort Fleisch.

Nicht, dass wir glauben, es selbst dann in der Hand zu haben, alles zum Guten zu wenden. Nein, unser (im besten Falle) segensreiches Tun ist immer nur Folge des viel größeren Segens, der von Gott in uns und durch uns hindurch fließt. Und dessen Wirkung wir selbst gar nicht mehr in der Hand haben müssen. Zum Glück. Weil Gott sein Angesicht über uns leuchten lässt. 

Amen.

Gebet:

Guter Gott, du Quelle des Lebens.
Von deiner Güte leben wir, um deinen Segen bitten wir.
Für die Menschen, die Arbeit suchen,
die sich ausgeschlossen und abgeschoben fühlen, die verzweifelt und entmutigt sind.
Für die Menschen, die sich selbst nicht mehr zu helfen wissen in ihren Schwierigkeiten, die ihre Konflikte nicht lösen,
ihre Schulden nicht bewältigen können;
Für die Menschen, die um die tägliche Versorgung kämpfen müssen
und auf Hilfe warten.
Für sie alle bitten wir,
dass dein Segen sie umfange und Entscheidungen getroffen werden können,
die dem Leben dienen, auch bei uns selbst.

Unser Vater im Himmel …

Abkündigungen:
Segen:

Der Herr segne dich und behüte dich,
der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig,
der Herr hebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.

Orgelnachspiel: Isabella Kobera: Linzer Orgeltabulatur (1611-1613), Cupido