Gottesdienst aus der reformierten Erlöserkirche, Wien-Favoriten,
2. August 2020
mit Pfr. Johannes Wittich
Orgelvorspiel: Martin Seidl: Johann Krieger: ToccataSpruch: Epheser 5, 8b – 9:Lebt als Kinder des Lichts – das Licht bringt nichts als Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit hervor. Begrüßung:„Kinder des Lichts“ zu Sein ist nicht schwer – an sonnigen Tagen, wie „Kinder des Lichts“ nennt uns der Epheserbrief. Das ist mehr, als nur ein sonniges Gemüt zu sein oder zu haben. Unsere „hellen Momente“ sollen sich auswirken, auf unser Denken und Handeln. Darum ist es gut, sich wieder ein bisschen Licht in der Gegenwart Gottes zu gönnen, wenn wir gemeinsam Gottesdienst feiern, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen Gebet:Lieber himmlischer Vater, (Henning Strunk) Lied: Evangelisches Gesangbuch, 263, 1- 4: Sonne der Gerechtigkeit1) Sonne der Gerechtigkeit, 2) Weck die tote Christenheit 3) Schaue die Zertrennung an, 4) Tu der Völker Türen auf, Predigt: Epheser 5, 8 – 148 Denn einst wart ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr Licht im Herrn. Lebt als Kinder des Lichts Liebe Gemeinde! Christinnen und Christen sind Aufdecker! So wie das in unserem politischen Leben investigative Journalisten sind: sie fragen nach Hintergründen, nach dem, was im Verborgenen geschieht, nach dem, was die Öffentlichkeit nicht sieht. Zapfen vertrauliche Quellen an, so genannte „Whistleblower“, Menschen, die im Zentrum des Geschehens sitzen, aber es mit ihrem Gewissen nicht mehr vereinbaren können, weiter bei ungesetzlichen und unmoralischen Aktivitäten mitzutun. Kommt dann ans Licht, was im Verborgenen an krummen Dingen gedreht wird, dann passiert genau das, was schon der Apostel des Epheserbriefes wusste: für den Aufgedeckten ist das eine Schande. Und dem Aufdecker ist man dankbar, dass er durch seinen Bericht dem finsteren Treiben ein Ende gesetzt und uns alle vor wohl noch viel mehr Schaden bewahrt hat. Christinnen und Christen sind auch solche Aufdecker. Was ist es, was wir ans Licht zu bringen haben? Ich denke, wir verfügen nicht über geheime Quellen. Unsere Aufgabe ist es vielmehr, das anzusprechen, was eigentlich eh alle wissen, aber nicht wahr haben wollen: Dass Hoffnung sich lohnt. Dass es wichtig ist, eine Vision von der Zukunft zu haben. Dass der Mitmensch, sein Wohl, seine Bedürfnisse, das Maß allen Denkens und Handelns ist. Und über Allem: dass es gut ist, an den gütigen Gott zu glauben, der unsere Sehnsucht nach Sicherheit, Klarheit und Geborgenheit stillen kann. Irgendwie, wie gesagt, wissen das ja alle Menschen, und sei es nur tief drinnen, wenn sie einmal ganz ehrlich zu sich selbst sind. Und trotzdem sind diese klaren Wahrheiten überschattet, verdunkelt, eingeschränkt und werden nicht zuletzt, auch immer wieder mit Vehemenz bekämpft. Von kurzsichtigen Ideologien wie dem „Recht des Stärkeren“ oder der „Konkurrenz, die das Geschäft belebt.“ Hier sind wir die Aufdeckerinnen und Aufdecker, die diese „fruchtlosen Werke der Finsternis“, wie sie der Epheserbrief nennt, ans Licht bringen, bloßstellen, als das entlarven, was sie sind: Täuschungen, Illusionen, menschenfeindliches Denken ohne Rücksicht auf Verluste. Wenn ich an die bekannten investigativen Journalistinnen und Journalisten denke, bei uns im Land und über unsere Landesgrenzen hinaus, dann empfinde ich einen großen Respekt vor ihnen. Zum einen, weil sie gegen enorme Widerstände ihre Arbeit machen müssen, bei uns zum Glück nur gegen verbale Attacken oder Verleumdungen – in anderen Länder, selbst Europas (Malta, Slowakei), haben manche schon ihr Engagement mit dem Leben bezahlt. Zum anderen, weil sie, kaum haben einen Skandal entdeckt, feststellen müssen: es geht danach weiter wie zuvor. Enthüllungen bringen oft keine wirkliche Veränderung oder ein echtes Umdenken. Die Protagonisten der Skandale bringen ihre Schäfchen schon ins Trockene, ja, manch einer kehrt nach einer kurzen Pause wieder in die Politik oder in eine Machtposition zurück. Man braucht da wohl schon einen sehr langen Atem, um nicht aufzugeben, sondern wieder und wieder nachzubohren und neue Fakten ans Licht zu bringen. Es braucht Menschen, die diesen langen Atem haben, nicht nur im Journalismus. „Lichtgestalten“, nicht mehr und nicht weniger, und das kann jeder und jede von uns sein. „Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit“ – das bringt das Licht hervor. Wie? Indem einfach ehrlich angesprochen wird, was nicht passt. Auch und besonders im Zwischenmenschlichen. Denn was war die Situation der ersten Christinnen und Christen, an die sich der Epheserbrief gerichtet hat? Sie waren Bürgerinnen und Bürger einer wohlhabenden, bunten, erfolgreichen und lebendigen Stadt, die, unter Anderem, eines der sieben Weltwunder ihr Eigen nannte: den Tempel der Artemis. Eine Stadt, in der man sicher gerne gelebt hat – solange man zu denen gehört hat, die Möglichkeiten dieser Stadt auch nützen konnten, also zu den Wohlsituierten, Erfolgreichen, Vermögenden. Aber auch im reichen Ephesus gab es die, die nicht mithalten konnten, mehr noch: auf deren Buckel der ganze Glanz und Glamour aufbaute. Die ersten Christinnen und Christen hatten großen Zulauf unter denen, die am Rande lebten: Sklaven, Dienstboten, Taglöhner. Aber auch unter Wohlhabenden, die die ganze Verlogenheit nicht mehr ertragen konnten. Die waren ebenso begeistert von der Botschaft eines Gottes, der Licht in trübe Verhältnisse bringt, der einen dazu ermutig, anzusprechen, was nicht passt, dessen Richtschnur und Maßstab die Verletzlichen, Verletzten und Hilfsbedürftigen sind. Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit – kein Erfolgsrezept im herkömmlichen Sinne, wo nur auf Leistung geschaut wird. Aber genau das, was in einem jeden Menschen an Sehnsucht steck: Ernst genommen zu werden, gerechte Behandlung erfahren, und vor allem: nicht getäuscht, belogen oder übervorteilt zu werden. Im satten, reichen und erfolgsverwöhnten Ephesus hat diese Vision vom Licht Menschen berührt. Auch die, die eigentlich keinen Grund zum Klagen hatten. Weil die auch eine tiefe Unzufriedenheit gespürt haben: so, wie wir leben, kann es nicht in Ordnung sein. Selbst wenn, oberflächlich gesehen, alles passt, wir auf die Butterseite des Lebens gefallen sind. Ein Leben mit Tiefe, ein wirklich volles und komplettes Leben, kehrt nichts unter den Teppich. Nimmt die Herausforderung an, Dunkles anzusprechen. Und merkt, dass dem Dunklen allein dadurch schon Macht genommen wird. Gebet:Guter Gott, wir danken dir dafür, (Henning Strunk) Unser Vater … Abkündigungen:Segen:Der Herr segne dich und behüte dich, Orgelnachspiel: Martin Seidl: Johann Kaspar Fischer: Präludium in D
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