Gottesdienst aus der reformierten Erlöserkirche, Wien-Favoriten, 22. November 2020, Ewigkeitssonntag (Gedenken an die Verstorbenen) mit Pfr. Johannes Wittich
Gottesdienst aus der reformierten Erlöserkirche, Wien-Favoriten, 22. November 2020, Ewigkeitssonntag (Gedenken an die Verstorbenen) mit Pfr. Johannes Wittich
Foto: Erlöserkirche
Gottesdienst aus der reformierten Erlöserkirche,
Wien-Favoriten, 22. November 2020,
Ewigkeitssonntag (Gedenken an die Verstorbenen)
mit Pfr. Johannes Wittich
Spruch: Hebräer 13,14:
Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die Zukünftige suchen wir.
Begrüßung:
Unsere Vergänglichkeit macht uns zu schaffen. Nichts hat ewigen Bestand, daher können wir uns nur an den halten, der der Ewige ist. Alles in unserem Leben, mehr noch: das Leben selbst, ist Geschenk auf Zeit, und so auch die Menschen, die Teil unseres Lebens sind. An die, die nicht mehr unter uns sind, wollen wir heute denken, dankbar, und uns die Hoffnung unseres Glaubens wieder neu zusagen lassen. So feiern wir diesen Gottesdienst im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Psalm 126:
1 Ein Wallfahrtslied.
Als der HERR wandte Zions Geschick, waren wir wie Träumende.
2 Da war unser Mund voll Lachen und unsere Zunge voll Jubel. Da sprach man unter den Nationen: Der HERR hat Grosses an ihnen getan.
3 Grosses hat der HERR an uns getan, wir waren voll Freude.
4 Wende, HERR, unser Geschick, versiegten Bächen im Südland gleich.
5 Die mit Tränen säen, werden mit Jubel ernten.
6 Weinend geht hin, der den Saatbeutel trägt, doch mit Jubel kommt heim, der seine Garben trägt.
Gebet:
Ewiger Gott,
wir bringen dir unsere Trauer,
unsere Tränen und unsere Leere.
Die ungesagten Worte.
Die unfertigen Gedanken.
Alles, was noch hätte getan werden sollen.
Nimm alles auf.
Vergib, wo wir mit unseren Verstorbenen
etwas versäumt haben.
Verzeih uns, wo wir Schmerz zugefügt haben.
Hilf uns loszulassen und uns dir anzuvertrauen.
Du sagst: Siehe, ich mache alles neu!
Du tröstest uns.
Du wirst „abwischen alle Tränen von unseren Augen,
und der Tod wird nicht mehr sein,
noch Leid, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein.“
Du weißt um unsere Tränen,
du siehst unsere Trauer und sagst uns zu,
dass du unsere Klagen beenden willst.
Dafür danken wir dir,
und bitten dich um Trost und Zuversicht für den Weg,
den wir gehen,
für jeden und jede von uns das,
was er oder sie heute braucht.
Amen.
(Sibylle Rolf)
Gedenken an die Verstorbenen:
Heute wollen wir uns an alle erinnern, von denen wir in diesem Kirchenjahr in unserer Gemeinde, oder von denen Mitgliedern unserer Gemeinde Abschied nehmen mussten. Für jede Verstorbene, für jeden Verstorbenen zünden wir eine Kerze zur Erinnerung an und denken in der Stille an ihn oder sie.
(Stille)
Im letzten Kirchenjahr sind auch Mitglieder unserer Gemeinde verstorben, die nicht kirchlich verabschiedet oder beigesetzt worden. Diesen Wunsch respektieren wir. Sie sind aber auch ein Teil unserer Gemeinschaft gewesen. Deshalb zünden wir jetzt für sie eine Kerze an.
(Stille)
Wir alle haben schon einmal einen uns nahestehenden Menschen verloren. Manchmal schon vor lange Zeit, manchmal erst vor kurzem. Vielleicht sind ihre Namen schon einmal in unserer Kirche genannt worden, vielleicht auch nicht. Heute soll es die Gelegenheit geben, auch an diese Menschen zu denken und in der Erinnerung an sie eine Kerze zu entzünden. Wer immer das jetzt tun möchte, ist herzlich dazu eingeladen, dies in Stille zu tun.
(Stille)
Spruch: 1. Kor. 13, 12: Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.
Gebet:
Guter Gott, aus deiner Hand kommt alles Leben, zu dir kehrt alles Leben zurück. So denken wir vor dir an die Menschen, die aus unserer Gemeinde gestorben sind, an alle, denen wir über den Tod hinaus in Liebe verbunden sind. Lass uns in Leid und Trauer auf dein Wort vertrauen, dass deine Liebe stärker ist als der Tod, dass du uns Hoffnung gibst zum Leben. Amen.
Lied: 369, 1-3.7: Wer nur den lieben Gott lässt walten
1) Wer nur den lieben Gott lässt walten und hoffet auf ihn allezeit, den wird er wunderbar erhalten in aller Not und Traurigkeit. Wer Gott, dem Allerhöchsten, traut, der hat auf keinen Sand gebaut.
2) Was helfen uns die schweren Sorgen, was hilft uns unser Weh und Ach? Was hilft es, dass wir alle Morgen beseufzen unser Ungemach? Wir machen unser Kreuz und Leid nur größer durch die Traurigkeit.
3) Man halte nur ein wenig stille und sei doch in sich selbst vergnügt, wie unser’s Gottes Gnadenwille, wie sein Allwissenheit es fügt; Gott, der uns sich hat auserwählt, der weiß auch sehr wohl, was uns fehlt.
7) Sing, bet und geh auf Gottes Wegen, verricht das Deine nur getreu und trau des Himmels reichem Segen, so wird er bei dir werden neu; denn welcher seine Zuversicht auf Gott setzt, den verlässt er nicht.
Predigtgedanken: 2. Petrus 3,8-13
8 Dies eine aber soll euch nicht verborgen bleiben, meine Geliebten: Ein Tag ist beim Herrn wie tausend Jahre, und tausend Jahre sind wie ein Tag.
9 Der Herr zögert nicht, die Verheissung zu erfüllen, wie einige meinen, sondern ist geduldig mit euch; er will nicht, dass einige zugrunde gehen, sondern vielmehr, dass alle den Weg der Umkehr einschlagen.
10 Der Tag des Herrn aber wird kommen wie ein Dieb; dann wird der Himmel verschwinden mit grossem Getöse, die Elemente des Alls werden sich in der Hitze auflösen, und die Erde, die Werke, die auf ihr vollbracht wurden, werden zutage kommen.
11 Wenn sich nun dies alles derart auflöst, wie entschlossen müsst ihr dann euer Leben führen, heilig und fromm!
12 Wartet auf den Tag Gottes und beschleunigt seine Ankunft – seinetwegen wird der Himmel sich auflösen im Feuer, und die Elemente des Alls schmelzen in der Hitze.
13 Wir warten aber aufgrund seiner Verheissung auf einen neuen Himmel und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt.
Liebe Gemeinde!
„Tausend Jahre sind ein Tag.“ Dieser Satz aus der Bibel hat den österreichischen Sänger und Komponisten Udo Jürgens zu einem Lied inspiriert. Er hat dieses Motiv aufgenommen und mit einer Frage verbunden, nämlich: „Was ist Zeit?“
Dass die Zeit voranschreitet, das sehen wir positiv, wenn gerade in unserem Leben etwas weiter geht, sich etwas bewegt, wir merken, wie Pläne umgesetzt und Ziele erreicht werden. Stehen bleiben, das geht in solchen Lebensphasen nicht. Die Zeit wird dynamisch erlebt, als Motivation, als Inspiration, als Motor, aus dem eigene Leben etwas zu machen.
Dann gibt es aber auch die Phasen, in denen wir feststecken, die Zeit still zu stehen scheint. Ein wenig ist es jetzt gerade wieder, im so genannten zweiten Lockdown, bedingt durch die Corona-Pandemie. Tage gleichen einander, Eintönigkeit und einschränkte Gestaltungsmöglichkeiten lege sich aufs Gemüt. Bleischwer wird die Zeit empfunden.
Und dann die Lebensmomente, in denen wir uns wünschen, die Zeit anhalten, ja zurück drehen zu können, wenn die Zeit einfach zu schnell vergeht, zu schnell vergangen ist: am Sterbebett eines lieben Menschen, bei der Trauerfeier, am Friedhof, beim Erinnern und Gedenken. Da empfinden wir es als schmerzhaft, ja brutal, wie sehr sich Zeit nicht aufhalten lässt, uns unsere Liebsten nimmt, uns ratlos zurücklässt.
Heute denken wir an unsere Verstorbenen, und merken: im Denken und Erinnern können wir Zeit „zurückspulen“, wie eine Videokassette oder einen Film auf DVD. Wir denken zurück, an frohe, inspirierende, bereichernde, liebevolle Momente, die wir gemeinsam erlebt haben. Gleichzeitig denken wir auch nach vorne. Wir möchten mit dem Verlust und der Trauer leben lernen, aus der Erinnerung Kraft für die Zukunft schöpfen, weiterführen, was der verstorbene Mensch uns mitgegeben hat.
Ein Tag wie der heutige, ein Erinnern auf der Grundlage unseres Glaubens, ein Sonntag, ganz der Hoffnung auf die Auferstehung gewidmet – das ist ein Kraftschöpfen, mit Blick nach vorne. Die Gedanken des 2. Petrusbriefs, die wir gerade gelesen oder gehört haben, wollen auch ermutigen, in die Zukunft zu schauen, gerade angesichts der Einsicht, dass unsere Lebenszeit einmal ein Ende finden wird. Allerdings: die Zeit, mit allem, was sie uns antun kann, hat letztlich keine endgültige Macht über uns. Auch sie ist vergänglich. Der 2. Petrusbrief hat eine Zukunft im Blick, in der die Welt, und damit auch die Zeit, ein Ende finden wird. Und diese Zukunft ist für ihn eine gute: wenn die Zeit zu Ende ist, dann ist das, was neu entsteht, im wahrsten Sinne des Wortes „zeitlos.“
Was kommt, ist ein neuer Himmel und eine neue Erde, unvorstellbar, aber ganz sicher unvorstellbar gut. Amen.
Gebet:
Du Gott des Lebens,
du versprichst uns, die Tränen zu trocknen.
Wir bitten dich heute für alle,
die in diesem Jahr
von einem geliebten Menschen Abschied nehmen mussten.
Sammle ihre Tränen in deinem Krug.
Gib Menschen, mit denen sie ihre Trauer teilen können
und stärke ihre Hoffnung, dass du am Ende alle Tränen abwischen wirst.
Lebende und Tote hältst du in deiner Hand.
Du Gott des Lebens, du versprichst uns, die Tränen zu trocknen. Wir bitten dich für Menschen, deren Leben bedroht ist. Kranke ohne Aussicht auf Heilung. Menschen auf der Flucht. Sterbende. Sei bei allen, die dich brauchen, und gib uns allen den Mut, miteinander Tränen zu weinen und Sprachlosigkeit auszuhalten.
Du Gott des Lebens, du versprichst uns, die Tränen zu trocknen. Wir bitten dich für alle, die Leidenden beistehen. Ärztinnen und Pfleger, Pfarrerinnen und Seelsorger, Therapeuten und Bestatterinnen. Wir bitten dich um Kraft und um langen Atem, um den Mut, auch Sprachlosigkeit auszuhalten, und um Orte zum Erholen. Amen.
(Sybille Rolf)
Unser Vater im Himmel …
Segen:
Der Herr segne dich und behüte dich,
der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig,
der Herr hebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.
Amen.
Postludium: Martin Seidl: Sonatina de la cantate, Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit, “Actus Tragicus” BWV 106 von Johann Sebastian Bach (1685-1750)