Gottesdienst mit Abendmahl
aus der reformierten Erlöserkirche,
Wien-Favoriten, am 9. Jänner 2022
mit Pfr. Johannes Wittich
Klaviervorspiel: Juliane Schleehahn: Auszug Nr. 21 aus “Album für die Jugend” von Robert Schumann (1810 – 1856)Lied: Evangelisches Gesangbuch, 66, 1-3.5: Jesus ist kommen1.) Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude; 2.) Jesus ist kommen, nun springen die Bande, 3.) Jesus ist kommen, der starke Erlöser, 5.) Jesus ist kommen, der König der Ehren; Spruch: Jh. 1, 11-12:11Er kam in das Seine, und die Seinen nahmen ihn nicht auf. 12Die ihn aber aufnahmen, denen gab er Vollmacht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben. Begrüßung:Gott als Mensch in die Welt gekommen. Gott als Kind in dieser Welt. Kollektengebet:Wunderbarer Gott, Lesung: Jes. 11, 1-91Und aus dem Baumstumpf Isais wird ein Schössling hervorgehen, Lied: Evangelisches Gesangbuch, 74, 1-4: Du Morgenstern, du Licht vom Licht1.) Du Morgenstern, du Licht vom Licht, 2.) Du Lebensquell, wir danken dir, 3.) Du ewge Wahrheit, Gottes Bild, 4.) Bleib bei uns, Herr, verlass uns nicht, Predigt: Mt. 2, 13-18:13Als sie (die Sterndeuter) aber fortgezogen waren, da erscheint dem Josef ein Engel des Herrn im Traum und spricht: Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter, flieh nach Ägypten und bleib dort, bis ich dir Bescheid sage! Denn Herodes wird das Kind suchen, um es umzubringen. 14Da stand er auf in der Nacht, nahm das Kind und seine Mutter und zog fort nach Ägypten. 15Dort blieb er bis zum Tod des Herodes; so sollte in Erfüllung gehen, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen. 16Als Herodes nun sah, dass er von den Sterndeutern hintergangen worden war, geriet er in Zorn und liess in Betlehem und der ganzen Umgebung alle Knaben bis zum Alter von zwei Jahren umbringen, entsprechend der Zeit, die er von den Sterndeutern erfragt hatte. Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder! Jedes Jahr wird es uns wieder klar: Für Josef und Maria waren die Ereignisse um die Geburt ihres Sohnes schon eine ziemliche Zumutung: Zuerst die ganze Sache mit der mehr als außergewöhnlichen Vaterschaft. Josef muss da wirklich Nerven zeigen. Die Reise nach Bethlehem im hochschwangeren Zustand der Maria. Dann die Probleme mit der Unterkunft dort. Schließlich die Geburt unter widrigsten Umständen. Und jetzt: Ein heimtückischer König, der dem Kind nach dem Leben trachtet. Eine dadurch notwendige Flucht in ein fremdes Land. Als ob alles andere nicht schon schlimm genug gewesen wäre. Gewiss: In den Berichten um die Geburt Jesu herum stecken viele wunderbare, tröstliche und aufbauende Details: Das Loblied der Maria, die Treue des Josef, die Hirten, die Engel, der Stern, die Sterndeuter. Die Freude all der Menschen, so wenige es zunächst einmal noch sind, über dieses Kind. Die Freude der Menschen, die in ihm den Erlöser Gottes sehen können. Diese Momente machen den Zauber von Weihnachten aus, und wir genießen es immer wieder, sie uns am Heiligen Abend in Erinnerung zu rufen. Nur: Aus der Distanz betrachtet, so einige Tage nach dem Heiligen Abend mit seinen besonderen Emotionen, da kommen wir an den harten und erschreckenden Aspekten der Geschichte nicht vorbei. Nicht zuletzt auch deswegen, weil die weiteren Ereignisse, schon kurze Zeit nach der Geburt so schockierend und eigentlich verstörend sind. Da sollte man glauben, dass mit der Geburt des Erlösers schon alles anderes, besser, neu geworden ist. Nichts davon ist zu spüren. Ganz im Gegenteil: Kaum ist der erste Zauber dieses Ereignisses verblasst, schlägt die Machtgier und die Herzlosigkeit eines brutalen Herrschers wieder voll zu. König Herodes fürchtet um seinen Thron. Und ist bereit, ein grausames Massaker zu veranstalten, nur um ganz sicher nicht irgendwo einen Konkurrenten zu haben. Und wenn dabei Kinder draufgehen – egal. Ich versuche, mir vorzustellen, wie sich die Hirten in diesem Augenblick gefühlt haben. Sie waren ja wohl Augenzeugen auch dieser grauenvollen Ereignisse, als Bewohner des Umlandes von Betlehem. Gerade noch waren sie Zeugen eines unglaublich schönen Moments gewesen. Die jahrhundertlange Sehnsucht nach einem Erlöser, nach dem Messias, endlich war sie erfüllt worden. Sie hatten es mit eigenen Augen gesehen. Vom „Frieden auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens“ hatten die Engel gesungen. Alles würde nun anders sein, wo doch der Heiland geboren wurde. Und dann das: Ein Massaker an unschuldigen Kindern in Bethlehem. Man mag sich gar nicht vorstellen, wir grauslich das gewesen sein mag. Was das bedeutet haben muss, für die Mütter, die Väter, die Geschwister, die Familien. Trauer, Schmerz, Leid, Klagen in der Stadt Bethlehem. Ein, so würde man heute sagen, traumatisches Ereignis für die, die es erleben mussten. Und ich denke mir, dass da der eine oder andere von den Hirten so seine Zweifel bekommen hat, ob das wohl wirklich wahr war, mit der Geburt des Erlösers. Oder was das wohl bringen soll, wenn Gott Mensch wird und so gar nichts dagegen tun kann, um so eine fürchterliche Katastrophe für die Familien in Bethlehem zu verhindern. Aber auch Maria und Josef: Was hatten sie bis zu diesem Moment schon alles mitgemacht! Und jetzt das: Fliehen müssen. Bei Nacht und Nebel sich davon machen. Die Heimat verlassen, alles aufgeben, was da an Sicherheit gewesen ist: Familie, Freunde, Haus, Beruf, ja auch: Verankert sein in den Feiern und Traditionen des Glaubens, der Religion. Kaum geboren wird der Messias zum Flüchtlingskind. Zum Vertriebenen, zum politisch Verfolgten, zum Asylwerber. Erschreckend aktuell: Wie wird wohl diese Flüchtlingsfamilie in Ägypten aufgenommen worden sein? Wo war wohl das „Erstaufnahmezentrum“? Wie haben die Behörden in Ägypten wohl reagiert? Gleich in Josef einen potentiellen Kriminellen gesehen? Wer fliehen muss, hat ja sicher was angestellt, nicht wahr. Und: Waren die alteingesessenen Ägypter wohl bereit, der Flüchtlingsfamilie zu helfen? Sie mit dem Wichtigsten zu versorgen? Hat Josef wohl gleich eine Arbeit angeboten bekommen? Oder musste er damit warten, bis sein Asylverfahren abgeschlossen war und sich und seine Familie mit Almosen durchbringen? Was uns das Matthäusevangelium jetzt berichtet, ist ein schmerzhafter Kontrast zu dem, was wir an Weihnachten so schätzen. Obwohl: Die Weihnachtsgeschichte bekommt Tiefgang. Gott ist nicht in eine künstlich schön und idyllisch gemachte Welt gekommen. Er ist in die Welt gekommen, so wie sie ist. Damals wie heute. Gott ist sich nicht zu gut, sich dieser unserer Welt auszusetzen. Das Leben des Messias ist bedroht – praktisch von der ersten Minute an. Wäre nicht Josef gewesen und seine Entschlossenheit – wer weiß, wie sich dann die Geschichte entwickelt hätte. Gott traut uns Menschen offensichtlich einiges zu, an Verantwortung, an Fähigkeit, sich richtig zu entscheiden und das richtige zu tun. Er vertraut Menschen das Leben seines Sohnes an und rechnet mit ihnen. Was für ein Gott, der uns Menschen so viel zutraut. Ich finde das sehr ermutigend. Ich hoffe, ich wünsche, dass die ziemlich sicher zutiefst verstörten Hirten das auch so sehen konnten. Als Gegenwart eines Gottes, der sich ganz den Menschen ausliefert. Sie in die Verantwortung ruft, aber auch in den Glauben. Was eigentlich gar nicht so schwer ist: Die dunklen Seiten dieser Welt kennen wir. Wie gut, zu wissen, dass Gott auch da mitten drin bei uns ist. Amen. Lied: Evangelisches Gesangbuch, 229, 1-3: Kommt mit Gaben und LobgesangAbendmahl:Jesus Christus spricht: „Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, wird nicht mehr Hunger haben, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.“ (Jh. 6,35) Wir feiern Abendmahl miteinander, zusammengeführt durch den Geist Gottes an den Tisch Jesu Christi. So wollen wir daran denken, wie Jesus mit seinen Jüngern gefeiert hat, und was wir heute mit ihm erleben können, wenn wir in seinem Namen essen und trinken. Einsetzungsworte: Jesus Christus, Ebenso nahm er den Kelch nach dem Mahl Denn sooft ihr dieses Brot esst Gebet:Deinen Tisch, Gott, hast du für uns gedeckt. Einladung: Wir sind eingeladen zum Tisch Jesu Christi. Kommt, es ist alles bereit; seht und schmeckt, wie freundlich Gott ist. Austeilung: Gebet:Jesus Christus, Gott, viele können das nicht nachempfinden. Für sie wollen wir bitten: Wir bitten dich für deine Kirche, Und gemeinsam beten wir: Unser Vater im Himmel … Segen:Der Herr segne dich und behüte dich, Lied: Evangelisches Gesangbuch, 170, 1.3: Komm, Herr, segne unsKlaviernachspiel: Juliane Schleehahn |