Foto: Erlöserkirche

 

 

 

Zoom-Andacht
zum 1. Advent, 29.11.2020,
Pfr. Johannes Wittich


Präludium: Listen to my voice
Spruch: Höre, Herr, mein lautes Rufen, sei mir gnädig und erhöre mich (Psalm 27,7)
Begrüßung:

„Listen to my voice, o Lord“, hat unser Erlöserkirche Gospel Choir Chor gerade gesungen. „Höre meine Stimme, o Herr.“ Das ist unser Anliegen, wenn wir eine Andacht, einen Gottesdienst feiern. Wir wollen gehört werden – von Gott. Und das geht auch dann, wenn unsere Computer, wie gerade, stumm geschaltet sind.

Wir kommen her vom Ewigkeitssonntag, von unserem Denken an die Verstorbenen. In jeden Gottesdienst bringen wir mit, was uns beschäftigt, unsere Trauer, unsere Sorgen, unsere Ängste, unseren Glauben, unsere Hoffnung. Bringen das mit, was nun einmal unsere Realität ausmacht.

Der erste Adventsonntag wird morgen sein. Wir sind auf dem Weg zum Heiligen Abend. Wir wissen: mit Weihnachten wird nicht einfach alles gut. Selbst an Weihnachten müssen wir uns langsam annähern, eben Schritt für Schritt, vier Adventssonntage lang. Das ist die „Downloadzeit“, auf die wir uns einstellen müssen. Die wir aber auch gut nützen können, für Ruhe und Nachdenken, Hoffen und Beten. Ganz besonders ist das so, wenn wir gemeinsam feiern, im Namen …

Psalm: Hören wir noch einmal den 27. Psalm:

7 Höre, Herr, mein lautes Rufen,
sei mir gnädig und erhöre mich.
8 An dein Wort denkt mein Herz:
Sucht mein Angesicht.
Dein Angesicht, Herr, will ich suchen.
9 Verbirg dein Angesicht nicht vor mir.
Weise deinen Diener nicht ab im Zorn.
Du bist meine Hilfe.
Verstosse mich nicht und verlass mich nicht,
du Gott meiner Rettung.

11 Weise mir, Herr, deinen Weg,
und leite mich auf ebener Bahn
um meiner Feinde willen.

13 Hätte ich doch die Gewissheit,
die Güte des Herrn zu schauen
im Land der Lebenden.
14 Hoffe auf den Herrn.
Sei stark, dein Herz sei unverzagt.
Hoffe auf den Herrn.

Gebet:

Sie ist nicht leicht am Leben zu halten,
die Hoffnung.
Wenn man sieht,
welches Elend Menschen erdulden müssen.
Wenn man hört,
wie viel Hass die Menschen in der Welt ausbreiten.
Wenn man spürt,
dass sich Dinge zum Schlechten entwickeln.
Sie ist nicht leicht am Leben zu halten,
die Hoffnung.
Man muss sich ja um so viel anderes kümmern.
Die Sorgen wachsen einem über den Kopf.
Der Blick in die Zukunft macht Angst.
Wir bitten, dich, Gott, um Vergebung,
dass wir oft so wenig hoffen:
Du kommst in die Welt
In deine Welt.
Das lässt uns hoffen.
Nicht nur für uns, sondern für die ganze Welt.
Wie der Morgen auf die Nacht folgt,
so bricht dein Tag in unsere Finsternis.
Ein Kind kommt und verändert alles.
Das macht Hoffnung.
Gott, hilf uns, diese Hoffnung weiterzutragen,
damit sie zu allen kommt,
die in Finsternis und Verzweiflung leben.
Das bitten wir durch Jesus Christus,
dem Licht der Welt.
Amen.

Lied: EG 1: Macht hoch die Tür (Evangelisches Gesangbuch, 1)

1) Macht hoch die Tür, die Tor macht weit;
Es kommt der Herr der Herrlichkeit,
Ein König aller Königreich,
Ein Heiland aller Welt zugleich,
Der Heil und Leben mit sich bringt;
Derhalben jauchzt, mit Freuden singt:
Gelobet sei mein Gott,
Mein Schöpfer reich von Rat
.

5) Komm, o mein Heiland Jesu Christ,
Meins Herzens Tür dir offen ist.
Ach zieh mit deiner Gnade ein;
Dein Freundlichkeit auch uns erschein.
Dein Heilger Geist uns führ und leit
Den Weg zur ewgen Seligkeit.
Dem Namen dein, o Herr,
Sei ewig Preis und Ehr
.

Predigt: Mt. 11, 2

2 Als Johannes nun im Gefängnis von den Taten des Christus hörte, sandte er seine Jünger zu ihm
3 und liess ihn fragen: Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?
4 Jesus antwortete ihnen: Geht und erzählt Johannes, was ihr hört und seht:
5 Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, und Tote werden auferweckt, und Armen wird das Evangelium verkündigt;
6 und selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt.

Liebe digitale Gemeinde, liebe (analoge, und damit echte) Schwestern und Brüder!

Ich denke, ihr kenn alle den Spruch: „Lieber Gott! Könntest du 2020 noch einmal neu starten? Es hat nämlich einen Virus!“

Ja, ein einfaches Jahr ist es bisher nicht gewesen. Und es wird auch schwierig bleiben. Wir sind wieder im Lockdown, und von Politikerseite wird immer wieder betont, warum: Weihnachten soll gerettet werden.

Ich frage mich: welches Weihnachten? Seit den 60er Jahren gehört es zu einer anständigen evangelischen Adventpredigt, über die Kommerzialisierung des Advent zu jammern, also dass es im Advent und zu Weihnachten nur ums Geschäft geht. So richtig das grundsätzlich auch ist – ich kann’s nicht mehr hören bzw. kann mich selbst nicht mehr hören, wenn ich es schon wieder in einer Predigt sage. Allerdings: wohl noch nie zuvor hat dieser Satz so sehr gestimmt wie heuer: ohne Weihnachtsgeschäft werden die Schäden für die Wirtschaft, und somit auch für Menschen, die vom Weihnachtsgeschäft leben, noch viel dramatischer sein als jetzt eh schon.

Also: konsumieren, einkaufen als ein Akt der Nächstenliebe? Als Akt der Verantwortung für Wirtschaft und Gesellschaft? Am so genannten „Black Friday“ gestern hat es wieder ein wenig so ausgesehen. Wobei: da ging es vor allem um Prozente, um Rabatte. Wobei den Wenigsten bewusst sein dürfte: wenn man am „Black Friday“ nichts kauft, spart man 100 Prozent.

Ja, Weihnachten soll stattfinden, auch heuer, auch in diesem, wie viele meinen, verbockten Jahr 2020. Und es wird auch stattfinden. Für mich ist die entscheidende Frage: welches Weihnachten soll stattfinden, welcher Aspekt von Weihnachten soll im Mittelpunkt stehen? Denn wenn wir das wissen, dann hat das auch einen Einfluss darauf, wie wir Advent feiern.

Advent ist Vorbereitung, aber Advent ist auch Warten. „Wie viele Tage sind es noch bis zum Heiligen Abend?“, fragen manche Kinder wieder und wieder. „Sollen wir noch warten?“ ist auch die Frage von Johannes dem Täufer an Jesus in dem gehörten Abschnitt aus dem Matthäusevangelium. „Bist du der Messias, der Erlöser, den Gott geschickt hat, oder kommt der echte und wirklich erst noch?“ Oder, anders gesagt: „War deine Geburt schon das richtige Weihnachten, oder steht das ‚richtige‘ Weihnachten noch aus?“

Keine leichte Frage. Denn: wie kann man beweisen, der Messias zu sein? Das weiß offensichtlich auch Jesus, denn: er versucht es erst gar nicht.

Vielmehr: auf die Frage: „War schon Weihnachten oder kommt es noch?“ antwortet er: Schau dich um. Was siehst du? Gibt es nicht jede Menge Zeichen dafür, dass sich schon jetzt etwas tut, sich schon jetzt etwas verändert. Zeichen, ja Beweise dafür, dass Gott schon da ist.

Die Beispiele, die Jesus nennt, sind: „Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, und Tote werden auferweckt, und Armen wird das Evangelium verkündigt.“ Schon bei den Propheten des Alten Testaments, Jahrhunderte vor Jesus, waren das die Kennzeichen der neuen Zeit Gottes.

Auch im Advent 2020, denke ich, gibt es schon viel zu spüren von der neuen Zeit Gottes, die mit Jesus in die Welt gekommen ist. Auch und besonders in all den Versuchen, trotz Einschränkungen und Schwierigkeiten die Verantwortung füreinander weiter zu leben, Gemeinschaft zu halten, Leben zu teilen. Ich denke, das passiert auch in unserer Gemeinde. Am letzten Sonntag war das zu spüren, am Ewigkeitssonntag, in den alternativen Formen, in denen Trauer geteilt wurde, über Telefon, eMail, Whatsapp, Briefe. Oder in den wenigen Minuten, die Einzelne in unserer Kirche zum Gedenken verbracht haben. Wenige Minuten – aber solche von einer besonderen Qualität.

Schauen wir auf das, was schon da ist. Halten wir es lebendig, gemeinsam. Denn: wir sind, trotz allem, gut unterwegs. Weihnachten kann kommen, wir sind vorbereitet. Amen.

Lied: Gott gab uns Atem (EG, 432)

1) Gott gab uns Atem, damit wir leben.
Er gab uns Augen, dass wir uns sehn.
Gott hat uns diese Erde gegeben,
dass wir auf ihr die Zeit bestehn.
Gott hat uns diese Erde gegeben,
dass wir auf ihr die Zeit bestehn.

2) Gott gab uns Ohren, damit wir hören.
Er gab uns Worte, dass wir verstehn.
Gott will nicht diese Erde zerstören.
Er schuf sie gut, er schuf sie schön.
Gott will nicht diese Erde zerstören.
Er schuf sie gut, er schuf sie schön.

3) Gott gab uns Hände, damit wir handeln.
Er gab uns Füße, dass wir fest stehn.
Gott will mit uns die Erde verwandeln.
Wir können neu ins Leben gehn.
Gott will mit uns die Erde verwandeln.
Wir können neu ins Leben gehn.

Gebet: 

Gott, du nahendes Licht,
in unserer Welt voller Dunkelheiten wagen wir zu hoffen,
dass du kommst.
Angestrengt schauen wir in die Nacht,
und suchen den Schein deiner Ankunft.

Wir halten Ausschau für die,
die selbst nicht mehr können,
weil sie vor Verzweiflung das Gesicht in den Händen bergen
und ihre Augen vom Weinen brennen.

Wir halten Ausschau für die, die nicht mehr wollen,
weil sie denken, da gibt es nichts zu sehen,
alles bleibt, wie es ist
und die Welt ist dazu verdammt,
ein dunkler Ort zu bleiben
.

Wir halten Ausschau für die,
die sich nicht trauen, aus Angst, enttäuscht zu werden
und umsonst in die Dunkelheit zu starren
.

Wir bitten dich: Lass uns nicht müde werden,
wenn die Dunkelheit nicht zu enden scheint.
Gib uns die Kraft, wachsam zu bleiben,
damit wir dein Kommen nicht versäumen.
Hilf uns, die Richtung nicht zu verlieren,
damit wir uns dahin bewegen, woher das Licht kommt.

Führe uns zu dir, Gott,
lass uns deine Wege finden,
Leuchte uns entgegen,
Gott, du nahendes Licht
.
Amen.

Unser Vater …

Segen:

Der Herr segne dich und behüte dich,
der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig,
der Herr hebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.
Amen.

Orgelpostludium: Martin Seidl: P. Theodor Grünberger: Präludium