“Singt Gott!” – Gesang und Musik in der Kirche

 

Ein Gottesdienst ohne Musik. Können Sie sich das vorstellen? Können vielleicht – aber ob wir uns das vorstellen wollen, das ist eine andere Frage.

Musik, vor allem gemeinsames Singen, das gehört für uns zu unseren Gottesdiensten, zu unserer Frömmigkeit, zu unserem Glauben ganz selbstverständlich dazu. Vielen Evangelischen sind Liederstrophen geläufiger als Bibelverse, zumindest werden sie öfter auswendig gekonnt.

Musik in der Reformation

Dabei war Musik und Gesang für die Reformierten, anders als heute für uns, früher nichts Selbstverständliches. Zwingli, obwohl selbst hochmusikalisch, verbot den Gesang in den Zürcher Gottesdiensten und auch die Orgeln wurden aus den Kirchen entfernt. In Genf wiederum besann man sich auf die biblische (und auch klösterliche) Tradition des Psalmengesangs. Im Singen der Worte der Heiligen Schrift verbanden die Reformatoren das Anliegen, im Gottesdienst nur das Wort Gottes in den Mittelpunkt zu stellen, mit dem menschlichen Bedürfnis nach Gesang und Musik. Ein genialer Schachzug, der bis in die Gegenwart reformierte Kirchenmusik geprägt hat. Leider geriet der Psalmengesang vielerorts ein wenig aus dem Bewusstsein und war in unserer Kirche H.B. wohl zu keiner Zeit wirklich verbreitet – aber was noch nicht ist, kann ja werden …

Reformierte im Gesangsbuch

Beim Durchblättern unseres Gesangbuches stößt man auf einige dieser Genfer Psalmen. Aber auch andere reformierte Dichter sind vertreten, etwa die Pietisten Gerhard Tersteegen und Joachim Neander. Und auch Zwingli hat es ins Gesangbuch geschafft. Mit dem sogenannten „Kappelerlied“ (EG 242), inhaltlich eine reformierte „Feste Burg“ und für lange Zeit tatsächlich auch eine Art Hymne. Zwingli selber wäre wohl nicht ganz glücklich damit, dass gerade eines seiner Lieder im Gottesdienst gesungen wird. Aber so ändern sich eben die Zeiten. Und schließlich heißt es schon im Kolosserbrief (3,16): „singt Gott, von der Gnade erfüllt, in euren Herzen Psalmen, Hymnen und geistliche Lieder!“ und im Lukasevangelium (6,45) „wovon das Herz voll ist, davon geht der Mund über.“ Also: Lasst uns singen – im Gottesdienst, im Chor, zuhause, alleine und in Gemeinschaft. Besonders in diesem Jahr der Kirchenmusik.

Leopold Potyka