Wann ist ein Mensch arm? Ist er ein „relativ“ Armer oder ein „extrem“ Armer? Wenn eine „Fachperson“ über Armut spricht, dann hat sie viel zu sagen, denn leider ist das Thema Armut ein großes und brennendes; und eines, das man als Nicht-Betroffener auch ganz gern auf die Seite schiebt… Auch, weil das Thema in den Medien allgegenwärtig ist, meist in die eine oder andere Richtung tendenziell vermittelt wird und einen hilflos und bestenfalls „halb wissend“ mit schlechtem Gewissen stehen lässt.


 

 

 

All diejenigen, die am 11. September den Vortrag von MMag. Hannah Satlow, der Bildungsreferentin von Brot für die Welt Österreich gehört haben, sind jetzt hoffentlich nicht mehr ganz so hilflos und mit Sicherheit viel wissender! Kompetent und ganz ohne moralisch erhobenen Zeigefinger dafür aber mit großer Anschaulichkeit brachte sie uns das Thema nahe.


 

„Wir sind die erste Generation, die die Armut beseitigen kann“, war der ehemalige UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon überzeugt. Aber ist es wirklich so?

Die gute Nachricht ist, dass tatsächlich in den letzten Jahrzehnten viel getan worden ist um die extreme Armut zu lindern. – Extrem arm zu sein, das bedeutet, dass man weniger als 1,9 US Dollar zum täglichen Überleben zur Verfügung hat. In den 1970-er Jahren lebte noch die Hälfte der Weltbevölkerung in solch extremer Armut; d.h. ohne gesicherten Zugang zu sauberem Wasser, ohne Dach über dem Kopf, mit der Aussicht sich ein Leben lang täglich vom selben Getreidebrei ernähren zu müssen – wenn es überhaupt etwas zu essen gibt. Der wertvollste Besitz eines extrem Armen ist vielleicht der Plastikeimer, mit dem das Wasser in stundenlangen Fußmärschen heimgetragen werden kann. Kaum vorstellbar für Mitteleuropäer. Aber bittere Lebensrealität für immerhin 783 Millionen Menschen. Sie leben zum größten Teil in Afrika südlich der Sahara und in Südostasien, zumeist in Konfliktgebieten oder schwer zugänglichen Regionen.

Leider hat jedoch der Rückgang der extremen Armut nur bewirkt, dass sich die Anzahl der „relativ Armen“ stark vergrößert hat. Relativ Arme gibt es in jedem Land. Denn relativ arm zu sein, das bedeutet, nicht teilhaben zu können an Bildung und Kultur, in schlechten Wohnungen zu leben (z.T. ohne Heizung), die Versorgung mit Lebensmitteln ist mangelhaft, die medizinische Versorgung nicht gewährleistet. So leben immerhin fast 6 Milliarden Menschen.


Nur knapp 13% der Weltbevölkerung zählen zu den „Reichen“, so wie wir. – Das heißt nicht, dass wir Millionen auf unseren Konten haben, aber dass wir fließendes Wasser in unseren Wohnungen haben und eigene Toiletten (!), dass wir ein Bett haben um darin zu schlafen und den klimatischen Verhältnissen entsprechende Kleidung. Das heißt, dass wir nicht nur uns jeden Tag satt essen können, sondern auch noch auswählen können, was wir essen möchten.

Das sind eindrückliche Beispiele und erschreckende Zahlen, die wohl den meisten von uns nicht bewusst waren.

Wie aber kann die Armut nun tatsächlich bekämpft werden und was können wir dazu beitragen? Ob sich Ban Ki Moons Hoffnung erfüllt, ist noch offen. Denn zur Überwindung der Armut braucht es außer dem (nicht immer ausreichend vorhandenen politischen Willen) auch noch andere Faktoren: sie hängt auch davon ab, ob und wie viele bewaffnete Konflikte es geben wird, ob der Klimawandel große Naturkatastrophen mit sich bringt und ob die Wirtschaft noch weiter wachsen kann oder nicht.


 

Als einzelne Personen können wir zwar nicht gleich die ganze Welt retten, aber wenn wir behutsam mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen umgehen und unseren Konsum bewusst steuern, dann können wir doch dazu beitragen, dass es denen, die es nicht so gut haben wie wir ein bisschen besser geht – ohne, dass wir gleich auf „alles“ verzichten müssen.


 

Ich bin nach diesem sehr interessanten Abend nicht nur informiert und nachdenklich heimgegangen, sondern auch sehr dankbar und motiviert. – Denn wie sagt ein afrikanisches Sprichwort es so schön: Wenn viele kleine Menschen an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun, dann verändern sie das Angesicht der Welt.

Wir könnten zur Abwechslung ja auch einmal das Richtige für alle tun und nicht nur für uns selbst.

Gerti Rohrmoser


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